Lehr:werkstatt-Tandem im Interview – Einblick in das Praktikum (Gym/RS)

Zwei Frauen in einem Klassenzimmern blicken in die Kamera und lächeln.
Dr. Elke Mahler und Yasmin Gül sind Tandempartnerinnen am Johannes-Scharrer-Gymnasium in Nürnberg. Bild: privat

Studierende arbeiten in der Lehr:werkstatt ein ganzes Schuljahr mit einer Lehrkraft und erhalten so praxisnah einen umfassenden Einblick in den Berufsalltag. Warum ihnen das im Referendariat Vorteile bringen kann und wieso auch die Klasse profitiert, berichtet ein Tandem aus Nürnberg im Interview für das Magazin „Gymnasium in Bayern“*.

Dr. Elke Mahler vom Johannes-Scharrer-Gymnasium und Yasmin Gül sind seit Schuljahresbeginn im Fach Deutsch Tandempartnerinnen am Johannes-Scharrer-Gymnasium in Nürnberg. Mahler ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte und seit zehn Jahren bei der Lehr:werkstatt als Mentorin mit dabei, Gül studiert im 6. Semester neben Germanistik auch Englisch. Für Letzteres hat sie an der Schule eine weitere Tandempartnerin. In diesem Interview erzählen sie von ihren Erfahrungen mit dem Alternativpraktikum.

GiB Frau Dr. Mahler, Sie sind schon seit Beginn bei der Lehr:werkstatt dabei. Warum haben Sie sich damals dafür entscheiden, das Projekt als Mentorin zu unterstützen?

E. Mahler Ich habe nach meinem Lehramtsstudium in der Didaktik der Geschichte promoviert und reflektiere daher sehr gerne, wie man Unterricht verbessern kann. Zudem habe ich die Praktika im Rahmen des Studiums immer als sehr defizitär wahrgenommen. Wenn ein Praktikant für ein paar Wochen im Unterricht dabei ist und sich das nur anschaut, hat es weder für ihn noch für die Schülerinnen und Schüler einen großen Mehrwert. Durch die Lehr:werkstatt bauen die Studierenden dagegen über das Schuljahr eine Bindung zu der Klasse auf und erhalten einen umfassenden Einblick in den Lehreralltag – von der langfristigen Unterrichtsplanung, zum gemeinsamen Stehen vor der Klasse bis zum Korrigieren von Übungsblättern. Auch bei Elternabenden sind sie mit dabei.

 

 GiB Frau Gül, mit welchen Erwartungen haben Sie als Lehrwerkerin angefangen und welche Eindrücke haben Sie bisher gewonnen?

Y. Gül Ich habe vorab sehr viel positives zur Lehr:werkstatt gehört und hatte dementsprechend positive Erwartungen, die alle erfüllt wurden. Das liegt vor allem daran, dass ich als vollständige Lehrkraft wahrgenommen werde – von der Klasse und dem Kollegium. Man wird begleitet und an die Aufgabe langsam herangeführt. Die Praxiserfahrung neben der Theorie im Studium empfinde ich als sehr gewinnbringend. Ich konnte so Selbstbewusstsein aufbauen und weiß nun, wie ich souverän vor der Klasse stehen kann.

 

 GiB Reicht es nicht, diese Erfahrung im Referendariat zu machen?

E. Mahler Ich finde es wichtig, dass Studierende schon deutlich früher als bisher umfassende Praxiserfahrung sammeln, um zu sehen, ob der Beruf wirklich für sie geeignet ist. Der Vorteil ist auch, dass bei uns anders als im Referendariat keine Noten vergeben werden. Dort steht man viel mehr im Fokus und gerät schnell in Prüfungssituationen. In der Lehr:werkstatt geben wir Tipps und begleiten die Entwicklung. Von ehemaligen Lehr:werkerinnen habe ich die Rückmeldung erhalten, dass sie später mit viel weniger Ängsten und Vorbehalten ins Referendariat gegangen sind, weil sie bereits Routine vor der Klasse hatten.

 

GiB Wie viel Mehrarbeit bedeutet die Arbeit als Mentorin für Sie?

E. Mahler Wenn es gut „matcht“ und der Lehr:werker schon in einem späteren Semester ist, entsteht über das Jahr gesehen aus meiner Sicht keine Mehrarbeit. Zu Beginn muss man zwar mehr Zeit investieren, aber im Verlauf bekommt man auch immer mehr Unterstützung, sodass sich das wieder ausgleicht. Zudem bietet es auch als Lehrkraft Vorteile, gemeinsam den Unterricht zu reflektieren und neue Impulse und Ideen von den Lehr:werkerinnen zu erhalten.

 

GiB Wer profitiert noch von der Lehr:werkstatt?

Y. Gül Die Schülerinnen und Schüler haben nach dem Motto „mehr Mensch pro Schülerin und Schüler“ den Vorteil, dass sie von einer zusätzlichen Person im Unterricht gefördert werden. Dadurch kann zum Beispiel für Gruppenarbeiten auch mal die Klasse geteilt werden und auch bei der Nachbesprechung der Stunde zahlt sich das „Vier-Augen-Prinzip“ aus.

 GiB Vielen Dank für das Gespräch!

 

*Dieses Interview wurde im März 2023 für das Verbandsmagazin „Das Gymnasium in Bayern“ des Bayerischen Philologenverbands geführt und ist in der Ausgabe 3/2023 erschienen.

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